Annahmepflicht – Kontrahierungszwang

Im Versicherungswesen bedeutet die Annahmepflicht, auch Kontrahierungszwang genannt, die gesetzlich auferlegte Pflicht zur Annahme eines Versicherungsantrages durch den Versicherer.

Auch die Pflicht des Versicherungsnehmers zur Inanspruchnahme von Versicherungsschutz (Pflichtversicherung) ist als solche zu sehen.

Grundsätzlich darf jeder Verbraucher mit einem Dritten Verträge abschließen oder den Abschluss eines Vertrages verweigern. Das gleiche Recht steht auch dem jeweiligen Versicherungsunternehmen zu.

Dieses Recht auf freie Wahl des Vertragspartners besteht jedoch nicht uneingeschränkt.

In Ausnahmefällen gibt es eine rechtliche Verpflichtung zum Vertragsabschluss. Diese Verpflichtung (Annahmepflicht) für den Versicherer dient meist dem Schutz von Versicherungsinteressenten und Drittgeschädigten.

Welche Versicherungen unterliegen dem Kontrahierungszwang?

Hier gibt es im Wesentlichen drei verschiedene Versicherungen bei denen der Versicherer gesetzlich verpflichtet ist, den an ihn gestellten Antrag anzunehmen.

Für den Halter eines Kraftfahrzeuges (Risikoträger) besteht die Pflicht zum Abschluss einer Kfz-Haftpflichtversicherung. Gleichzeitig hat er damit auch einen Anspruch gegenüber dem von ihm gewählten Versicherer auf den Abschluss des Vertrages. Für den Versicherer besteht also Annahmezwang.

Der Versicherer kann den Antrag nicht grundlos ablehnen, darf bei höheren Risiken jedoch gemäß §5 PflVG (Pflichtversicherungsgesetz) höhere Versicherungsprämien verlangen und muss nur den Mindestversicherungsschutz (Mindestdeckung) anbieten.

Aus folgenden Gründen ist eine Ablehnung durch den Versicherer dennoch möglich:

  • Beschränkt sich die Versicherung nur auf bestimmte Berufsgruppen oder auf eine bestimmte Region, kann der Versicherer den an ihn gestellten Antrag ablehnen, wenn die Voraussetzungen für den Abschluss nicht gegeben sind.
  • Es besteht kein Annahmezwang, wenn der Antragsteller bereits eine Kündigung wegen Nichtzahlung der Beiträge vom Versicherer erhalten hat oder wenn der Interessent seine vorvertragliche Anzeigepflicht verletzt und zum Beispiel falsche Angaben bei der Antragsaufnahme gemacht hat.
  • Wenn das Versicherungsunternehmen gegenüber dem Kunden schon einmal eine Kündigung aufgrund eines Schadenfalles ausgesprochen hatte, hat es ebenfalls die Möglichkeit den neuen Antrag abzulehnen.

Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV)

Auch im Bereich der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung gibt es eine Annahmepflicht für das Versicherungsunternehmen.

Hierzulande ist jede Person mit einem inländischen Wohnsitz verpflichtet, für sich selbst und für die von ihr gesetzlich vertretenen Personen eine Krankenversicherung bei einem in Deutschland zugelassenen Versicherungsunternehmen abzuschließen und aufrecht zu erhalten.

Für die privaten Krankenversicherer bedeutet dies, dass sie die Antragsteller nicht ablehnen dürfen und ihnen zumindest den sogenannten Basistarif anbieten müssen.

Der Basistarif der privaten Krankenversicherungen entspricht dem Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenkassen.

Im Rahmen der Kindernachversicherung gilt die Annahmepflicht auch bei der Geburt eines Kindes. Das Neugeborene muss von der privaten Krankenversicherung ohne Gesundheitsprüfung, Ausschlüsse und Zuschläge angenommen werden, wenn folgende Voraussetzungen gegeben sind:

  • Ein Elternteil muss am Geburtstermin schon mindestens 3 Monate privat krankenversichert gewesen sein.
  • Der Versicherungsantrag für das Kind darf nicht länger als 2 Monate nach der Geburt gestellt werden und der Umfang des Versicherungsschutzes ist nicht weitreichender als der im Vertrag des Elternteils.

Gesetzliche Krankenversicherungen unterliegen somit auch dem Kontrahierungszwang, denn sie sind verpflichtet, jeden, der die gesetzlichen Verpflichtungen erfüllt, aufzunehmen. Dies gilt unabhängig von dessen Alter, Gesundheitszustand oder seiner finanziellen Situation und geht einher mit der genannten Versicherungspflicht, nach der jeder Bürger in Deutschland krankenversichert sein muss.

Die private Krankenversicherung für Beamte

Darüber hinaus sind die privaten Krankenversicherungen dazu verpflichtet, Beamtenanfänger (Beamte auf Widerruf sowie Beamte auf Probe) und deren beihilfeberechtigte Angehörige aufzunehmen. Eine Ablehnung aufgrund gesundheitlicher Risiken ist nicht möglich. Der Versicherer kann jedoch einen Risikozuschlag von maximal 30 Prozent erheben. Auch für Beamte, die von der gesetzlichen in die private Krankenversicherung wechseln wollen, gilt diese Regelung.

Der Kontrahierungszwang für private Krankenkassen besteht erst seit dem Jahr 2007. In diesem Jahr trat das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz in Kraft, mit dem alle Personen, die nicht abgesichert waren, im Krankheitsfall die Möglichkeit bekamen, in ihre alte Krankenversicherung – ob privat oder gesetzlich- zurückzukehren.


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